Praxistipp
Methoden für Dialog-Veranstaltungen
Der Dialog zwischen Einwohner*innen, Verwaltung und Politik ist mittlerweile zentraler Bestandteil guter Verwaltungsarbeit. Transparenz und Kommunikation sind unerlässlich für die Akzeptanz und Teilhabe aber auch die hohe Qualität kommunaler Entscheidungsprozessen
Der Austausch zwischen Einwohner*innen, Politik und Verwaltung kommt allen Beteiligten zu Gute: Politik und Verwaltung lernen mehr über den Alltag und die verschiedenen Lebensrealitäten der Einwohner*innen ihrer Stadt. Verwaltungsmitarbeitende und Kommunalpolitiker*innen können eigene Entscheidungen und Vorhaben nochmal aus einer anderen Perspektive reflektieren.
Ebenso lernen Einwohner*innen mehr über die Umstände der Entscheidungsverantwortlichen und können dadurch politische Entscheidungen und das Verwaltungshandeln besser nachvollziehen. So gestalten Kommunen mit Hilfe partizipativer Veranstaltungen den Weg zur Weltoffenen Kommune gemeinsam mit den Einwohner*innen.
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Dialogveranstaltungen sind eine der drei zentralen Säulen im Modellprojekt Weltoffene Kommune...

Das Ziel entscheidet über die Methode
- Was sind Ziel und Zweck der Dialogveranstaltung? Geht es darum, die Einwohner*innen über einen Sachverhalt zu informieren, soll deren Perspektive eingefangen oder soll gemeinsam mit ihnen eine neue Projektidee entwickelt werden? In anderen Worten: Wollen Sie die Einwohner*innen informieren, ihre Beratung einholen oder die Einwohner*innen mitentscheiden lassen?
- Welches Veranstaltungsformat passt am besten? Dabei steht das Ziel der Dialogveranstaltung im Vordergrund. Die Methoden dienen nur als Mittel zum Zweck und sollten daher so eingesetzt werden, dass sie die Erreichung des Ziels befördern.
Bei dem Format der Dialogveranstaltung haben Sie die Auswahl zwischen
vielen verschiedenen Methoden. Für einen ersten Überblick über die
verschiedenen Möglichkeiten haben wir hier einige Formate
zusammengestellt. Diese können Sie für einmalige Veranstaltungen, aber
auch für mehrteilige Dialogreihen nutzen.
1. Runder Tisch
Ziel |
Erarbeitung eines Konsenses oder eines Lösungsvorschlags zwischen allen Teilnehmenden zu einer bestimmten Fragestellung |
Teilnehmende |
Max. 20 Personen; gezielte Einladung bestimmter Personen |
Ablauf |
Alle Teilnehmenden sind gleichberechtigt. Die Aufgabe muss von allen Teilnehmer*innen als grundsätzlich bearbeitbar und lösbar betrachtet werden. Eine professionelle Moderation führt durch das Gespräch, stellt die zuvor formulierte Frage vor, achtet auf Sprechzeiten und Redeanteile und moderiert durch die Diskussion hin zum Ziel. Die Ergebnisse jeder Sitzung werden protokolliert und allen Teilnehmer*innen zur Verfügung gestellt. |
Vorteile |
Geeignet für präzise beschreibbare Aufgaben, z.B. Projektentwicklung oder Lösung eines Konflikts |
Nachteile |
Vertretung fehlender Teilnehmer*innen nicht möglich; nicht geeignet für große Gruppen; nicht geeignet für Fragestellungen, bei denen Thema und Akteursgruppen noch nicht klar umrissen sind |
Anwendung im Projekt Weltoffene Kommune |
Liegt eine klare Problemstellung oder eine Projektidee mit Bezug zur Weltoffenheit einer Kommune vor, bietet sich für das Dialogformat die Methode des Runden Tisches an. |
Mehr zur Methode | Netzwerk Bürgerbeteiligung; Runde Tische; Wegweiser Bürgergesellschaft |
2. Fishbowl-Diskussion
Ziel |
Diskussion klar umrissener, motivierender Fragen; Entwicklung von Konsensen |
Teilnehmende |
10 - 50 Personen; verschiedene Einladungsmöglichkeiten |
Ablauf |
In dem inneren Kreis versammeln sich die Diskussionsteilnehmer*innen, die unterschiedliche Positionen vertreten. Alle anderen Teilnehmer*innen bilden einen äußeren Kreis und hören zunächst zu. Möchten sich die Teilnehmer*innen des äußeren Kreises an der Diskussion beteiligen, müssen sie dem inneren Kreis beitreten und sich auf einen der freien Stühle setzen. Ein bis zwei Vertreter*innen einer bestimmten Position bleiben während der gesamten Diskussion in dem inneren Kreis sitzen. Zusätzlich gibt es einige freie Stühle. Während die Vertreter*innen der einzelnen Positionen ihre Sichtweisen diskutieren, können die Zuhörer*innen sich auf einen dieser freien Stühle setzen und so Teilnehmer*in der Diskussion werden. Bei Aufforderung muss der innere Kreis verlassen werden. |
Vorteile |
Geringer Aufwand; verschiedene Positionen kommen zu Wort; wechselnde Gruppenzusammensetzung |
Nachteile |
Kann zurückhaltendere Teilnehmer*innen abhalten, Wortbeiträge zu leisten |
Anwendung im Projekt Weltoffene Kommune |
Bietet sich an für die Diskussion verschiedener Positionen zu Gegebenheiten, Plänen und Prozessen der Kommune im Bereich der Integrations- und Diversitätsarbeit. |
Mehr zur Methode |
3. World-Café
Ziel |
Erörterung von Fragen aus verschiedenen Perspektiven |
Teilnehmende |
16 – 80 Personen; verschiedene Einladungsmöglichkeiten |
Ablauf |
Im World Café finden sich mehrere Tische im Raum verteilt. An jedem Tisch wird ein anderes Thema/eine andere Frage behandelt. In Gruppen von vier bis acht Personen rotieren die Teilnehmenden alle 20 bis 30 Minuten zum nächsten Tisch, wobei eine zuvor bestimmte Tischmoderation am Tisch verbleibt und die Moderation des Tisches übernimmt. Die Tische sind mit Papier, Stiften, und ggf. Moderationskarten ausgestattet, sodass Ideen und Kommentare niedergeschrieben werden können. Wichtige Diskussionspunkte werden zentral und sichtbar notiert. Nachdem alle Gruppen alle Tische besucht haben kommt das Plenum erneut zusammen und die Tischmoderator*innen präsentieren die Ergebnisse ihrer Tische. |
Vorteile |
Mit Input kombinierbar; dialoghaft und aktivierend, sodass auch zurückhaltende Teilnehmer*innen sich einbringen können; stärkt die Selbstverantwortung; kombinierbar mit Methoden zur Entscheidungsfindung |
Nachteile |
Qualität der Zusammenfassungen stark abhängig von Tischmoderator*innen; nicht geeignet, um zu einer abschließenden Entscheidung zu gelangen |
Anwendung im Projekt Weltoffene Kommune |
Personen können sich leicht in die Diskussion einbringen – bietet sich an, um bspw. weitere Perspektiven auf Themen des Selbstchecks einzufangen und von dort aus weiterzuarbeiten. |
Mehr zur Methode |
4. Variante einer Zukunftskonferenz
Ziel |
Ein gemeinsame Zukunftsvision auf Basis von Geschichten und Werten |
Teilnehmende |
50 - 80 Personen; allgemeine, unspezifische Einladung mit Anmeldung |
Ablauf |
Wichtig, dass Vertreter*innen aller Gruppierungen, die von dem Thema betroffen sind, an der Zukunftskonferenz teilnehmen. Eine externe Moderation leitet durch die Phasen: Rückblick in die Vergangenheit, Herausforderungen der Zukunft, heutige Antworten auf die Entwicklungen von morgen, Stolz und Bedauern, konsensfähige Visionen sowie Ideen für Maßnahmen. Mehrfacher Wechsel zwischen Kleingruppenarbeit und Berichten im Plenum, sowie Wechsel von homogenen Gruppen (bspw. Schüler*innen, Kleinunternehmer*innen) zu heterogenen Gruppen (bspw. Politiker*innen und Schüller*innen zusammen). |
Vorteile |
Schafft Gemeinschaftsbewusstsein und sorgt für Aufbruchstimmung |
Nachteile |
Hoher Ressourcenaufwand – die klassische Methode ist auf 2 Tage angelegt, es braucht viel Platz und Materialien für Kleingruppenarbeit |
Anwendung im Projekt Weltoffene Kommune |
Bietet sich an für die Formulierung eines gemeinsamen Leitbildes unter Einbezug aller Perspektiven. |
Mehr zur Methode |
5. Variante einer Nachbarschaftskonferenz
Ziel |
Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses für das Zusammenleben in der Kommune |
Teilnehmende |
30 – 60 Personen; allgemeine, unspezifische Einladung mit Anmeldung |
Ablauf |
Die Nachbarschaftskonferenz erfolgt in Gruppenarbeit und einer anschließenden Präsentation im Plenum (ggf. ein Gallery Walk). Nach der Begrüßung und Anmoderation finden sich die Teilnehmer*innen entsprechend ihrer Ortsteile/Bezirke/Stadtteile in Gruppen zusammen. In den Gruppen werden gemeinsam Fragen des Zusammenlebens vor Ort im Rahmen einer SWOT-Analyse diskutiert. Auf Grundlage der Stärken und Chancen wird eine zukunftsgerichtete Diskussion geführt: Was sind die Chancen unserer Vielfalt? Wie soll sich der Stadtteil entwickeln? Wie kann jede*r einzelne von uns dazu beitragen? Ziel ist bspw. ein gemeinsam getragenes Verständnis und Zielbild vom Zusammenleben vor Ort. Nach einer kurzen Pause werden die Gruppen gemischt und laufen nun von ‚Stadtteil‘ zu ‚Stadtteil‘. Pro Stadtteil präsentieren zwei Personen die Ergebnisse ihrer Arbeit. |
Vorteile |
Die Teilnehmer*innen erleben Selbstwirksamkeit; durch die Nähe zum Diskussionsgegenstand können sie ihre eigene Erfahrung einbringen |
Nachteile |
Starker Bezug auf die einzelnen Stadtteile; Gesamtbild der ganzen Stadtgesellschaft gerät etwas in den Hintergrund |
Anwendung im Projekt Weltoffene Kommune |
Die verschiedenen Stadtteile können in ihrer Unterschiedlichkeit voneinander lernen und sich gegenseitig darin unterstützen, das Zusammenleben in Vielfalt erfolgreich zu gestalten. |
Mehr zur Methode | Bürgerbeteiligung Potsdam, Netzwerk Bürgerbeteiligung – Nachbarschaftsgespräche |
Weitere Erfahrungen bei der Durchführung guter Dialogveranstaltungen im Modellprojekt Weltoffene Kommune finden Sie hier.

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Annalena Rehkämper
Annalena Rehkämper ist Beraterin im Team Öffentlicher Sektor der PHINEO gAG. Im Modellprojekt Weltoffene Kommune verantwortet sie die Konzeption und Durchführung der Dialogveranstaltungen sowie die Entwicklung und Umsetzung des Selbsteinschätzungsinstruments. Hier bringt sie unter anderem ihre Erfahrungen aus der Demokratieförderung und Prozessbegleitung ein.